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Mein erster Dienst als NFS am Rettungswagen hat sehr unspektakulär begonnen. Ein betrunkener der in einen Raufhandel verwickelt war, eine ältere Dame, deren größtes Problem das fehlende Abendessen war. So hats angefangen ...

Nichts weiter erwartend kam der nächste Einsatz "32B04 - Unklares Geschehen - Fremdsprachiger Anrufer wurde nicht verstanden". Najo, das kann ja heiter werden. Vermutlich wieder mal Fieber und Unwohlsein seit 2 Wochen. Also Rucksack geschnappt und auf geht's.
Auf halbem Weg vom Auto zum Haus kommen uns zwei Erwachsene mit einem leblosen Kind entgegen mit den Worten "Atmet nicht mehr!" Also ruckzuck das Kind geschnappt und ins Auto auf die Trage gelegt. Und nun gehts los im Hirn: ABCDE, Kritisch? Nicht kritisch? Was ist eigentlich passiert?
GFI (General First Impression): Kind, 2 Jahre alt, bewegungslos und reagiert nicht auf Ansprache und nur minimal auf Schmerzreiz, es sind keine Blutungen zu sehen. Puls peripher vorhanden.

A scheint verlegt zu sein -> Esmarch-Handgriff eröffnet den Atemweg und damit wird er freigehalten
B zeigt deine deutlich erhöhte Atemarbeit, aber beidseitige gleiche Thoraxexkursionen, SpO2 von 72, Lunge auskultiert, jedoch auf Grund der lauten Umgebung nichts gehört. Da die Sättigung so mies ist und das Kind deutliche Zeichen einer Atemnot zeigt, wurde das Kind als kritisch eingestuft und der Notarzt nachgefordert. Weiters erfolgt die Gabe von 12 l/min O2 über eine Maske mit Reservoir.
C zeigt eine kühle Haut, nicht schweißig, minimale Zyanose um die Lippen, peripherer Puls von 80 aber kräftig. Parallel dazu erfolgt ein Monitoring mittels 3-Kanal EKG und Pulsoxymetrie.
D zeigt ein initial soporöses Kind mit mittelweiten gleichseitigen Pupillen, dass nicht Schreit und auch sonst nicht adäquat reagiert mit einem GCS von 7.
E bestätigt nocheinmal, dass das Kind kritisch ist. Es wird komplett entkleidet, um nix zu übersehen, und anschließend in eine Rettungsdecke gewickelt, zwecks Wärmeerhalt.

Im weiteren Verlauf bessert sich die Sauerstoffsättigung des Kindes sehr schnell auf Werte von über 90 und schließlich auf 100%, wobei die Herzfrequenz auf 150-160 bpm ansteigt. Das Kind beginnt sich gegen die gesetzten Maßnahmen zu wehren und klart zunehmend auf. Als der Notarzt eintrifft ist das Kind bereits heftig am Weinen und Schreien, wobei die Sauerstoffsättigung wieder auf etwa 80 absinkt. Dies könnte aber auch auf die heftigen Bewegungen des Kindes zurück zu führen sein.
Die Anamnese ergibt, dass das Kind am Nachmittag 38 °C Fieber hatte und der Vater bereits ein Zäpfchen Mexalen verabreicht hatte. Vor Alarmierung der Rettung hat das Kind, laut dem Vater, am ganzen Körper gekrampft und anschließend rhythmisch gezuckt, was einen Fieberkrampf wahrscheinlich macht. Weiters erfahren wir, dass das Kind bereits 2 Operationen auf Grund eines Hydrocephalus (Wasserkopf) hatte und deswegen kein gutes Verhältnis zu Ärzten hat. Eine weitere Anamnese war auf Grund der eingeschränkten Deutschkenntnisse der Eltern nicht möglich.

Das Kind wird zur Beruhigung der Mutter auf den Schoß gesetzt und unter weiterem Monitoring unter Notarztbegleitung auf eine Kinderstation transportiert. Vor der Abfahrt hat sich die Sättigung bereits soweit gebessert, dass eine weitere Sauerstoffgabe nicht mehr notwendig ist, da das Kind die Maske sowieso nicht toleriert, erfolgt der weitere Transport ohne zusätzlicher Sauerstoffgabe.
Die Fahrt ins Krankenhaus verläuft Komplikationslos und das Kind beruhigt sich zusehendes und bei der Ankunft im Krankenhaus wirkt es, als wäre nie etwas passiert.

Wieder einmal hab ich gesehen, dass man im Rettungsdienst stets das Unerwartete erwarten muss. Ich bin sehr froh, dass ich mit einem so routinierten Team gefahren bin, mit dem ich gut zusammenarbeiten konnte, sodass das Kind bei Eintreffen des Notarztes bereits rundum versorgt war.
Balsam für die Seele war auch das anschließende Lob des Notarztes, dass wir das sehr gut gemanaged haben.

So langweilig mein "Übergabedienst" war, so spannend war mein erster alleiniger Dienst.
Bin schon gespannt wie die nächsten Dienste so werden :-)
Direktlink  Kommentare: 1 geschrieben von potassium am Donnerstag, 22.12.2011, 23:12

Kommentar(e):
Theo hat am Freitag, 23.12.2011 um 17:04 geschrieben:
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Expect the unexpect!

Gratuliere, brav gemacht ;)

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